Geschichte
Läbigs Bremgarte – Ein Rückblick in die Anfangsjahre
Am Anfang stand der Verkehr
Läbigs Bremgarte ist ein Kind der Umfahrung. Anfangs 1980er Jahre wogte eine heftige Diskussion im Reussstädtchen und spaltete die Bevölkerung: Kerntangente oder weiträumige Umfahrung, das war die Frage. Tagtäglich wälzten sich abertausende von Autos und Lastwagen über die Holzbrücke und mitten durch die Altstadt. Im November 1982 konnte die Gemeindeversammlung über eine Umfahrung und ein Altstadtverkehrskonzept befinden. Das war die Geburtsstunde von Läbigs Bremgarte. Eine Gruppe Altstadtbewohner verfasste ein Flugblatt und forderte zur Teilnahme an der Gemeindeversammlung auf. Hauptanliegen war, dem vorgeschlagenen Verkehrskonzept, das eine verkehrsarme Altstadt vorsah, zum Durchbruch zu verhelfen.
Erdbeeren für neue Ideen
Im Frühsommer 1983 ging es weiter mit frischen Erdbeeren. Eingangs Altstadt, hart am rollenden Durchgangsverkehr, wurden die süssen Früchte verkauft und Ideen gesammelt, wie ein verkehrsbefreites Städtchen aussehen könnte. Lebenswert für Gross und Klein sollten die verrussten Gassen wieder werden. Der Traum der verkehrsberuhigten Altstadt ist unterdessen weitgehend Wirklichkeit geworden. Doch gehören Fragen rund um den Verkehr noch heute zu den meistdiskutierten unter den „Läbigen“. Tempo 30 in den Wohnquartieren und Begegnungszone in der Altstadt sind massgeblich von dieser Gruppe vorangetrieben worden.
Ein Abfallberg auf dem Obertorplatz
Drastisch führte Läbigs Bremgarte der Bevölkerung das Abfallproblem vor Augen: So wurde der jährliche Güselhaufen eines durchschnittlichen Bewohners vor dem Altstadteingang aufgetürmt. Ziel der Aktion war, ein fortschrittliches Abfallentsorgungskonzept zu propagieren. Das Kompostieren von organischen Abfällen, das Trennen von wieder verwertbaren Stoffen und das Verursacherprinzip für die Entsorgungskosten sollten eingeführt werden. Im Rathaus schaltete man schnell und Bremgarten wurde zu einer Pioniergemeinde im Aargau.
Von der losen Gruppierung zum organisierten Verein
Aus der spontanen Gruppe wurde 1985 ein ordentlicher Verein. Geburtshelfer war das Steueramt, das klare Verhältnisse forderte und kein Verständnis für informelle Strukturen aufbrachte. So wurden auch Statuten formuliert mit dem Zweckartikel: “Förderung einer menschen- und umweltfreundlichen Gemeinde und Region Bremgarten.“ Mit der jährlichen Velobörse (ab 1989) und dem Flohmarkt (ab 1992) kamen zwei Veranstaltungen hinzu, die grossen Anklang über Bremgarten hinaus geniessen. Läbigs Bremgarte gab auch Anstoss zur Gründung einer Autoteilet (1992), der ersten im Freiamt. Heute stehen von der Mobility Genossenschaft drei Fahrzeuge in Bremgarten zur Verfügung.
Das Fräulein ist tot, es lebe die Frau!
Etwas schräg in der eher konservativen Reussstadt war der Vorstoss der „Läbigen“ 1989, die Anrede „Fräulein“ von Amtes wegen zu streichen und alle Frauen, unabhängig vom Zivilstand, als Frauen anzuschreiben. Die Behörden taten sich anfänglich schwer mit dieser Idee und fürchteten, sie könnten der einen oder anderen „Jungfer“ unrecht antun. Schliesslich konnten die Betroffenen selber entscheiden zwischen Frau und Fräulein.
Kein Zuckerschlecken bei der Bau- und Zonenordnung
Auf Granit bissen die „Läbigen“ dagegen mit ihren Vorstellungen zur Bau- und Zonenordnung von Bremgarten. Mehr Natur, mehr Ortsbild- und Reussuferschutz und weniger Industrieland waren 1987 die Forderungen der Gruppierung. Doch da ging es um das liebe Geld und um die weit verbreitete Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen in den ansässigen Industriebetrieben. Die zahlreichen Anträge von Läbigs Bremgarte hatten an der Gemeindeversammlung keine Chancen. Nur ganz kleine Retouchen waren möglich. Ein Erfolg war dagegen der langjährige Kampf um die BD-Haltestelle „Obertor“. Immer wieder abgewimmelt und belächelt, propagierten die „Läbigen“ mit Hartnäckigkeit eine Haltestelle der Lokalbahn unmittelbar vor der Altstadt. Steter Tropfen höhlt den Stein – aus der „absoluten Unmöglichkeit“ von damals ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit geworden, auf die niemand mehr verzichten möchte.
Verantwortung übernehmen
„Läbigs Bremgarte“ begnügt sich nicht damit, immer wieder Ideen einzubringen und Mehrheiten zu finden. Seine Vertreterinnen und Vertreter übernehmen auch Verantwortung, indem sie in Kommissionen und Behörden mitarbeiten. Mit Esther Huber-Oeschger gelang 1987 erstmals der Sprung in die Schulpflege. Barbara Krom wurde mit Erfolg in den Stadtrat gewählt, Peter Wyss in die Finanzkommission. Zeitweilig sassen gar drei aus dem Kreis der Aktiven miteinander im Aargauer Grossen Rat: Agnes Weber (SP), Thomas Frei (SP) und Walter Meier-Istvan (Grüne).
Text: Reto Jäger (7.7.2006)